Sonntag, 15. Februar 2015

Achtung! Augenauswischerei!

Die Schulen in Wien bieten Gratis-Nachhilfe an! Ist das nicht toll? 
Weniger toll ist allerdings die Tatsache, dass diese Maßnahme lediglich als pure Augenauswischerei für plumpe Wählerschichten und ahnungslose Medien zu betrachten ist.
Vor ca. 40 (!) Jahren gab es schon die so genannten "Förderkurse" für schwächere Schülergruppen ab 7 Uhr oder am Nachmittag. Irgendwann hat man aber bald erkannt, dass diese Idee praktisch gar nichts bringt außer Schülerfrust. Demnach verschwanden diese Förderkurse wieder und tauchen jetzt in fast identer Form als neue Errungenschaft unter dem Namen "Gratis-Nachhilfestunden" auf. 
Es wird genauso niemandem nützen wie vor Jahrzehnten - außer den Bildungspolitikern, indem der Schein entsteht "super, die tun endlich was!"

Eine Nachhilfe in Gruppenstärke ist absolut sinnlos, noch dazu, wenn in diesen Gruppen auch SchülerInnen anderer Schulen sitzen sollen.

Lernschwächen können viele Ursachen haben. Konzentrationsschwächen, geringes Selbstbewusstsein, problematische familiäre Umstände, zu hoher Leistungsdruck im Unterricht, Lese- und Schreibschwächen  u.s.w.
In der Gruppe ist es daher auch für die fähigsten Pädagogen unmöglich, individuell auf die Ursachen einzugehen. 

Außerdem weiß ich aus meinen Erfahrungen als Hort-Lernhelfer und auch als Nachhilfelehrer, dass die Methoden, den Lehrstoff verständlich zu machen, von Schule zu Schule, von Klasse zu Klasse, von LehrerIn zu LehrerIn total verschieden sein können. Das bedeutet, dass meine Methodik bei dem Schüler oder der Schülerin auf völliges Unverständnis stoßen und sogar massive Verwirrung bewirken kann.

Wirklich zielführende Nachhilfe kann nur mit der Einzelperson erfolgen, womöglich in deren üblichem Lernumfeld daheim und im Kontakt mit der entsprechenden Lehrkraft. Nur so können die Ursachen - und das sind oft nur Kleinigkeiten! - erkannt werden.

Die hoch gepriesene "Gratis-Nachhilfe" entpuppt sich als uralter Etikettenschwindel und politische Augenauswischerei.

Und wenn dann eine Volksschullehrerin in der Zeitschrift "Profil" darüber klagt, dass sie bisher um 12 Uhr aus hatte und durch die neue Nachhilfe am Nachmittag 2 Stunden warten müsse - dann verstehe ich die ätzende Ablehnung von Journalisten und Lesern gegen die Lehrerschaft.

Ja, auch LehrerInnen haben oft Berufsauffassungs-Schwächen und bedürften einer (oder mehrerer) Nachhilfeeinheiten. Aber ich fürchte, in manchen Fällen wären auch die umsonst ...


PS:  Auf meiner Homepage www.krennreiberl.at gibt es neuerdings eine satirische Seite "ÜBER AKTUELLES". 
Und für die Damen und Herren Abgänger der HS Am Schöpfwerk finden sich ab sofort über 100 Fotos der Schullandwoche 1992 in Birnberg (allerdings nur mit Zugangs-Passwort - eh kloa).