Donnerstag, 18. November 2021

Eine Geschichte

 

Es war in Österreich und es war eine schwere Zeit.

Die Menschen wollten sich von den Rückschlägen der letzten Jahre erholen. Sie wollten wieder ein normales Leben führen – so wie vor den bitteren Ereignissen.

Sie wussten, dass es nicht leicht sein würde, aber sie nahmen viele Unannehmlichkeiten in Kauf, um gemeinsam in eine bessere Zukunft blicken zu können.

Überleben und froh sein, dass das Schicksal sie bisher nicht erwischt hatte – das schaffte Vertrauen in die Ratschläge und Gesetze der neuen Politik. Es würde aufwärts gehen und das Leben wäre nicht mehr eingeschränkt und düster.

 

Aber nicht alle dachten so.

Eine kleine Gruppe von Unbelehrbaren sahen ihre Chance gekommen. Sie warfen den anderen vor, Mitläufer zu sein, die Herrschenden nicht zu durchschauen und blind in eine Falle zu tappen.

So kam es, dass eine Minderheit lieber einer anderen Politik vertraute, einer Ideologie, die mit Warnungen, Versprechungen und mit dem Schüren von Ängsten Unsicherheit erzeugen und die bestehende Ordnung spalten wollte.

 

Die anderen jedoch – jene besagte Mehrheit – ließ die Unangepassten gewähren, erstens weil sie ohnehin nur eine kleine Minderheit waren, weil man von Problemen und Unruhe wahrlich genug hatte und weil man dachte, dass es nur einige Mitläufer von destruktiven Populisten seien.

 

So dachte jeder, der jeweils Andere wäre ein Mitläufer und kümmerte sich nicht weiter darum, weil alle dachten, die anderen würden irgendwann gescheiter werden.

 

Wer aber die Menschen kennt, der weiß, dass das nicht möglich ist. Wer bisher geirrt hat wird sich nicht auf die andere Seite schlagen, denn da müsste er ja zugeben, dass er sich bisher verrannt hatte. Das schaffen nur die ganz Großen und die gab es nicht.

 

Und so gaben die Störenfriede keine Ruhe. Sie nützten jede Gelegenheit, sich als mutige Kämpfer für Freiheit und Demokratie ins wahrlich rechte Licht zu rücken, sie provozierten wo es ging, waren zwar genauso schlecht infomiert wie alle anderen, weigerten sich aber, hinzuschauen, wenn es Tatsachen zu sehen gab. Was nicht ins Bild passte, dass durfte es auch nicht geben.

 

Sie veranstalteten Aufmärsche, setzten sich über Verbote hinweg - weil Mutige das nun mal tun – und sie setzten die Gesundheit und das Leben aller anderen aufs Spiel, indem sie blind dem ein oder anderen Hassprediger, Volksverhetzer und politischen Scharlatan huldigten. Denen glaubten sie jeden Blödsinn und fühlten sich dabei im Recht.

Sie taten also das Gleiche, was sie der Mehrheit vorwarfen.

 

So mancher, der seines schlichten Daseins überdrüssig ward, fühlte sich bedeutender, wenn er sich den vermeintlich Mutigen anschloss und glauben konnte, er sei nun Teil der Geschichte, die es galt, umzuschreiben.

 

Sie preschten und stürmten voran, wurden immer mehr, ließen sich weder von Verboten oder Aufrufen zu menschlicher Solidarität aufhalten und nützten demokratische Strukturen, um ihre eigene Diktatur durchzuboxen.

 

Sie bezeichneten sich als STURMABTEILUNG – genannt SA. Und das war vor genau hundert Jahren. 1921 formierte sich in Österreich die SA und ebnete das Terrain für die Nationalsozialisten.

Die Mehrheit schaute so lange zu bis es zu spät war, bis sie wieder dort anlangte, woher sie gekommen war - aus einem Weltkrieg.

 

Heute weiß kaum jemand davon. Erstens weil keiner damals gelebt hat und zweitens, weil er in der Schule nicht aufgepasst hat.

 

Und sollte heutzutage wieder so etwas passieren, so wird es niemanden geben, der seinen Irrtum eingesteht. Denn in solchen Gruppen gibt es keine Großen.

 

Aber so etwas passiert doch heute nicht mehr! Die Menschen sind vernünftiger geworden.

 

Obwohl ...

 

Schon im Trivialen spiegelt sich das Wahlverhalten der Österreicher. Man denke nur an das Publikumsvoting bei Dancing Stars. Oder an die Produktauswahl vieler Konsumenten: Erst kommt das Häuselpapier.  

Scheiß drauf -  is eh wurscht.

 

Wenn du allerdings zu Aufmärschen gehst, dann achte darauf, wer hinten mitrennt und sich ins Fäustchen lacht. Es sind nicht immer die guten Schäfer, die eine Herde antreiben.

 

Aber wem sage ich das? - Den guten Mitläufern oder den bösen Mitläufern?

 

Das erkennst du, wenn draußen ein paar wurmmittelverseuchte Kämpfer demonstrieren, während drinnen die Leute gegen eine Krankheit kämpfen, die sie vermutlich nur unter Mitwirkung eines gleichgeschalteten Pflegepersonals vortäuschen.

 

Etwas anderes würde ja nicht ins Bild passen.

 

Außer vielleicht in hundert Jahren. Da würde diese Geschichte wieder die gleiche Geschichte sein:

 

Es war in Österreich und es war eine schwere Zeit.

Die Menschen wollten sich von den Rückschlägen der letzten Jahre erholen. Sie wollten wieder ein normales Leben führen – so wie vor den bitteren Ereignissen.

Sie wussten, dass es nicht leicht sein würde, aber sie nahmen viele Unannehmlichkeiten in Kauf, um gemeinsam in eine bessere Zukunft blicken zu können.

Überleben und froh sein, dass das Schicksal sie bisher nicht erwischt hatte – das schaffte Vertrauen in die Ratschläge und Gesetze der neuen Politik. Es würde aufwärts gehen und das Leben wäre nicht mehr eingeschränkt und düster.

 

Aber nicht alle dachten so .................

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